Für meine theologische Abschlussprüfung im Sommer 1969 musste ich eine umfangreiche theologische Arbeit vorlegen. Das Thema, mit dem ich mich intensiv beschäftigen sollte, handelte von der Auferstehung Jesu. Dieses Thema habe ich nicht selbst ausgewählt, es wurde mir vorgeben. Meine Aufgabe bestand darin, die Gedanken von 3 Theologen zum Thema Auferstehung Jesu darzulegen und dazu auf biblischer Grundlage eine persönliche Stellungnahme abzugeben. Schon als Student wurde ich aufgrund dieser Arbeit veranlasst, mich intensiv mit der Auferstehung Jesu zu befassen. Das Wichtigste darüber möchte ich so zusammenfassen:

1. Dass Jesus von den Toten auferweckt worden ist, ist eine Tatsache. Im Lukasevangelium steht: „Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen.“ (Lk 24,34)
Das älteste Zeugnis von der Auferstehung Jesu stammt vom Apostel Paulus. Im 1. Korintherbrief schreibt er: „Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben gemäß der Schrift, und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift, und erschien dem Kephas, dann den Zwölf. Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen. Danach erschien er dem Jakobus, dann allen Aposteln. Als Letztem von allen erschien er auch mir, dem Unerwarteten, der „Missgeburt““. (1 Kor 15,3-8)
2. Die Auferweckung Jesu lässt sich mit anderen geschichtlichen Ereignissen nicht auf eine Stufe stellen. Niemand hat gesehen, wie Jesus im Felsengrab auferstanden ist und wie der Stein weggewälzt wurde.
3. Wir glauben aber dennoch an die Tatsache der Auferstehung, weil die Zeugen der Auferstehung zuverlässig sind. Sie sind glaubwürdig, weil sie mit der Auferstehung Jesu nicht gerechnet haben. Jesus hat zwar vor seinem Leiden von seiner Auferstehung gesprochen. Gegen Ende des Berichtes über die Verklärung Jesu heißt es, Jesus habe den Jüngern aufgetragen, niemand davon zu erzählen, bis er von den Toten auferstanden sei. Für die Jünger war dies jedoch unverständlich. Der Evangelist Markus schreibt: „Dieses Wort beschäftigte sie und sie fragten einander, was das sei: von den Toten auferstehen.“ (Mk 9,10).
Nach der Auferstehung Jesu haben sich die Zeugen gegen die Auferstehung Jesu zur Wehr gesetzt. Thomas erklärte: „Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.“ (Joh 20,25). Im Markusevangelium steht, wie die Frauen zum Grab gekommen sind und der Engel sie mit den Worten anredet: „Erschreckt nicht? Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier. Seht, da ist die Stelle, wo man ihn hingelegt hatte. Nun aber geht und sagt seinen Jüngern, vor allem Petrus: Er geht euch voraus nach Galiläa.“ (Mk 16, 6-7) Dann heißt es weiter: „Da verließen sie das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemand etwas davon; denn sie fürchteten sich.“ (Mk 16,8)

4. Was den Glauben an die Auferstehung Jesu ausgelöst hat, ist er auferstandene Jesus selber, der sich als Lebendiger geoffenbart hat. Es gab Erscheinungen in Jerusalem und in Galiläa. Die Jünger werden deshalb nicht müde, die Erscheinungen des Auferstandenen einzeln aufzuzählen.
5. Für Paulus und die Evangelisten ist der Leib des auferwecken Jesus Christus ein wirklicher Leib. Seine Daseinsweise unterscheidet sich allerdings von einem irdischen Leib. Der auferstandene und verklärte Jesus gehört der neuen Welt und Zeit an und kann mit unseren Sinnen nur erfahren werden, wenn er uns seine neue Daseinsweise schenkt.
6. Im Eröffnungsvers zur Eucharistiefeier am Ostersonntag heißt es: „Ich bin erstanden und immer bei dir.“ Mit diesen Worten wird ein Blick in die Zukunft getan. Der Auferstandene ist nicht kilometerweit weg außerhalb unseres Planeten. 40 Tage hindurch ist er nach seiner Auferstehung immer wieder erschienen und hat auf diese Weise den Grund für den Glauben gelegt. In seiner neuen Daseinsweise bleibt er unsichtbar für unsere Augen bei uns. Seine Gegenwart wird vor allem erfahren im Wort Gottes und in den Sakramenten, in der Gemeinschaft der Brüder und Schwestern sowie in der Zuwendung zu den Armen und Kranken.

Ich wünsche allen ein hoffnungsvolles, frohes und gesegnetes Osterfest!

Pfarrer Hermann Knoblauch