Davon ich Singen und Sagen will
In den Kirchengemeinden der Seelsorgeeinheit Kochertal-Härtsfeld ändert sich gerade Vieles. Das macht vor den Kirchenchören nicht Halt. Eine dieser Änderungen erlebte der Oberkochener Chor ars cantus am vergangenen Wochenende, als es turnusmäßig an der Zeit war, das Fest der Hl. Cäcilia zu begehen, die als Patronin der Kirchenmusik einem Chor naturgemäß besonders am Herzen liegt. Die Vorabendmesse am Samstag, die bis dato die Gelegenheit gegeben hatte, die musikalische Gestaltung eines Gottesdienstes mit einer anschließenden Feier zu verbinden, war dem Chor abhandengekommen – der Plan sah in Oberkochen an diesem Tag keine Hl. Messe vor – und diese Gelegenheit nutzte der Chor, um die Feier, in deren Rahmen die Ehrungen der langjährigen aktiven Sängerinnen und Sänger fallen, termingerecht am Cäcilientag selbst, nämlich am Abend des Freitags, 22.11.2019, im Wirtshaus Scheerermühle anzuberaumen.
Bevor nach dem Essen die Gespräche wieder so richtig in Gang kamen, ergriff der Vorsitzende, Klaus Müller, das Wort und bat nach der Begrüßung der anwesenden Chormitglieder und Gäste um eine Schweigeminute zu Ehren der im zu Ende gehenden Chorjahr verstorbenen Ehrensängerin Theresia Schuster.
Die Textzeile eines bekannten Weihnachtslieds, „davon ich Singen und Sagen will“, diente Müller dann als Aufhänger, um darzulegen, dass für das Überbringen der „Frohen Botschaft“ der Gesang und das gesprochene Wort die gleiche Bedeutung haben, mit einem entscheidenden Vorteil für die Musik: Musik schafft Atmosphäre. Musik drückt tiefste Sehnsüchte, Hoffnungen und Ängste aus und baut Brücken. Musik transportiert Text, Musik unterstreicht und vertieft das gesprochene Wort. Musik kann Worte und Ideen weitertragen, Stimmungen und Gefühle hervorrufen und verändern, Musik beeinflusst unser Fühlen und Denken unmittelbar. Stimmig dargebracht tut die Musik das alles, ohne dass die dazugehörigen Worte sofort in Ihrer vollen Bedeutung erfasst werden müssen, ja, es werden sogar Personen, die das Wort nicht verstehen, von der Stimmung der Musik erfasst und so verstehen, was sie transportiert. Papst Johannes Paul II. drückte diese Einschätzung folgendermaßen aus: „Musik und Gesang sind nicht einfach nur Dekoration oder gar schmückendes Beiwerk der Liturgie. Im Gegenteil, sie stellen eine zutiefst mit der liturgischen Feier verbundene Realität dar und ermöglichen die Vertiefung und Verinnerlichung der göttlichen Mysterien“. Davon ich singen und sagen will …
In der Kirche gehören Worte und Musik untrennbar zusammen.
Anschließend wurde Müller bei seiner Aufgabe, langjährige aktive Sängerinnen und Sänger für ihren Dienst zu ehren, von Pfarrer Andreas Macho unterstützt. Für 20 Jahre beglückwünschte Müller Ingrid Lücke, die seit 1999 dafür gesorgt habe, dass im Alt keine Lücke mehr klafft. Dann rief er den Notenwart Franz-Peter Hueber auf, den er bat, seine Frau Elisabeth Hueber gleich mitzubringen. Franz-Peter war für 30 Jahr zu ehren und Elisabeth für 40 Jahre. Franz-Peter singt nicht nur, er arbeitet seit vielen Jahren im Vorstand mit, für alle sichtbar als Notenwart, eher im Hintergrund mit seinen profunden Kenntnissen der Region im weiteren Sinne. Für die Vorbereitung der stets interessanten und kurzweiligen Chorausflüge bewährt sich diese Erfahrung nicht nur für die Auswahl der besten Lokalitäten für Besichtigungen, sondern auch für Gaumenfreuden. Der letzte zu Ehrende, Albert Schwarz, ist in Oberkochen und Umgebung auch kein Unbekannter. Nein, Klaus Müller konnte eine umfangreiche Liste von Eigenschaften und Tätigkeiten aufführen, durch die sich sein Klassenkamerad Albert einen Namen gemacht hat. Dazu gehören eben nicht zuletzt auch 40 aktive Jahre im Kirchenchor. Immer, wenn es im Bass „eng werden“ könnte, tauche in letzter Minute Albert auf und rette die Situation.
Leider musste eine Urkunde liegen bleiben. Diese ist für Hilde Wingert bestimmt, die für 70 (in Worten: Siebzig) aktive Jahre zu ehren ist, wegen einer plötzlichen Erkrankung aber nicht persönlich erscheinen konnte. Seit 1949 singt sie im Sopran. Sie erlebte dabei fünf Dirigenten. Unzählige Auftritte, von denen die Älteren heute noch schwärmen, gestaltete sie aktiv mit. Sie ist für ihren hintergründigen und verschmitzten Humor bekannt, den sie immer dann anbringt, wenn niemand damit rechnet und sie wurde 1999 zur Ehrensängerin ernannt. Damit schließt sich der Kreis zu Ingrid Lücke. Sie und Hilde Wingert singen genauso lange im Chor, Ingrid als Sängerin und Hilde als Ehrensängerin. Die persönliche Ehrung von Hilde Wingert wird selbstverständlich bei passender Gelegenheit nachgeholt.
Mit den Ehrungen war dieses Jahr die Cäcilienfeier keineswegs zu Ende. Am Sonntag, dem 24.11.2019, konnte der Chor den Worten von Klaus Müller zur Bedeutung der Musik im Gottesdienst Ausdruck verleihen. In seiner Predigt ging Pfarrer Macho auf die besondere Bedeutung des Königs Christus ein, der eben nicht der machtbesessene König menschlicher Prägung ist, der seine Untertanen manipuliert und bedrängt, um seinen Status sich und den anderen zu beweisen. Nein, Christus, der „machtlose“ „König der Juden“, ist der König, der die Menschen stärkt, ihnen das Leben bringt, den Frieden, ihnen keine Lasten auferlegt, die sie nicht erbringen können, sondern si ermächtigt, Mensch zu sein. Für diesen König lohnt es sich, zu jubeln, oder wie es im Anfang des alten Psalm 100 heißt: „Jauchzt vor dem Herrn, Ihr Lande all“. Mit dieser Stimmung brachten der Gesang und das gesprochene Wort das Kirchenjahr zu Ende. Der Neuanfang durch den Advent ist gut vorbereitet.
Dr. Josef Distl