Seit 26 Jahren ist Thomas Haas (58) Mitglied des katholischen Kirchengemeinderats und als gewählter Vorsitzender trägt er hohe Verantwortung. Von Lothar Schell

„Es ist gut, dass Sie mich nach den Missständen in der katholischen Kirche fragen“, sagt Thomas Haas gleich zu Beginn des Gesprächs. Auch die katholische Kirchengemeinde habe die Folgen mit 61 Austritten im vergangenen Jahr zu spüren bekommen. Thomas Haas ist aber auch ein Mensch, der über den eigenen Kirchturm hinausblickt und sich sozial für den Freundeskreis Kongo zusammen mit engagierten Ehrenämtlern einsetzt. Kein urständiger Oberkochen ist er, aber die Stadt sei ihm ans Herz gewachsen, stellt er fest. In Aalen ist Thomas Haas geboren, in Hofen und Attenhofen aufgewachsen, in der Kappelberg-Schule und in der damaligen Schiller-Realschule in Wasseralfingen hat er die Schulbank gedrückt. Er hat Bankkaufmann gelernt und ist heute bei der Landesbank in Ulm im Risiko-Management für Unternehmenskunden beschäftigt. Der Liebe wegen führte der Weg nach Oberkochen, wo er 1989 seine Beate ehelichte. „Das habe ich nie bereut, im doppelten Sinne“, lacht er.  Der Stadt attestiert er eine „hervorragende Entwicklung“ und man könne sich hier richtig wohlfühlen mit Natur ringsum. 26 Jahre Kirchengemeinderat sei eine spannende und sehr inhaltsreiche Arbeit. Seit 2015 ist Haas gewählter Vorsitzender des Gremiums und er zurrt zusammen mit Pfarrer Andreas Macho „und einem engagierten Kirchengemeinderat“ die Fäden.

„Die Kirche leistet segensreiche Arbeit in der Nächstenliebe“    Thomas Haas, KGR-Vorsitzender

Auf ein ganzes Bündel wichtiger Entscheidungen blickt Haas zurück. Die Sanierung des Rupert-Mayer-Hauses und des Edith-Stein-Hauses, der Ausbau des Kindergartens, die Umwandlung zu einem Kinder- und Familienzentrum. Aber auch die Innen- und Außenrenovierung der Maria-Schutz-Kapelle und jüngst der Verkauf des großen Grundstücks im Uhlandweg an die Stadtwerke GmbH. „Das war ein kontroverses Thema“, sagt Haas. Letztlich habe sich aber der soziale Aspekt durchgesetzt mit Blick auf die dort entstehende katholische Sozialstation mit Pflegestützpunkt und Tagespflege sowie betreutem Wohnen. „Ein Novum für die katholische Sozialstation St. Martin und für Oberkochen insgesamt“, unterstreicht Haas die Bedeutung. Die nächsten Herausforderungen stünden demnächst ins Haus. Der katholische Friedhof wird neugestaltet, es geht um Urnengräber und für Angehörige pflegeleichte Rasengräber. Man will sich dem Klimaschutz stellen und die bisherige Stromheizung auf umweltfreundliche Füße stellen, Kirchturm und Orgel müssen saniert werden. Das sollte im Groben bis 2025 zum 125jährigen Jubiläum der Pfarrkirche Sankt Peter und Paul fertig sein. Zurück zur leidigen und bedauernswerten Missbrauch-Affäre in der katholischen Kirche. 61 Austritte im vergangenen Jahr, sonst hat man jährlich im Schnitt dreißig. Die nackten Meldungen über Austritte kämen vom Standesamt, man könne über die Hintergründe mit den Leuten gar nicht reden, sagt Haas. Ohne Wenn und Aber sei aber das Missbrauch-Thema wohl der Hauptgrund, weniger die Kirchensteuer als Einsparstrumpf. „Es gibt überhaupt nichts zu beschönigen“, macht Thomas Haas klar. Jeder Fall müsse bis ins Detail aufgeklärt werden. Allerdings könne und dürfe man nicht einfach jeden Pfarrer dem Moloch preisgeben. „Die Kirche leistet segensreiche Arbeit in der Nächstenliebe“, bricht Haas eine Lanze für die alltägliche Arbeit in den Kindergärten, den Sozialstationen, den Hospizen und eben in der Seelsorge. „Kirchensteuer-Mittel werden dafür verwendet“, fügt er hinzu. In Sachen „Synodaler Weg“, Zölibat, Weihe für Frauen im Kirchenamt müssten die oberen Chargen der Kirche den Weg weisen und entscheiden. Eine entscheidende Frage für die hiesige Kirchengemeinde werde auch sein, wie man mit den kirchlichen Immobilien umgehe. „Was können wir uns langfristig noch leisten und was brauchen wir noch angesichts kleiner werdender Gruppen, sei die wegweisende Fragestellung, die der Kirchengemeinderat beantworten müsse.

Blick über den Kirchturm hinaus

Mit Herzblut setzt sich Thomas Haas als Vorsitzender des „Freundeskreises Kongo“ ein. Otto Stock und seine Gattin Ursula waren 2010 Motoren für die Gründung. 2008 war eine Gruppe im Kongo – begleitet von Dr. Jean Lukombo, dem früheren Pfarrvikar in Oberkochen. „Wir haben Armut erlebt, ein Vakuum in Sachen Bildung, verfallene Schulen“, so Haas´ Eindrücke. Inzwischen wurden mit Spendengeldern des Freundeskreises zwei Schulen in der Diözese Matadi eingeweiht, der Heimat von Pfarrer Lukombo, der nach seiner Tätigkeit in Stuttgart-Degerloch dorthin zurückkehrt. Der Freundeskreis erarbeitete sich die finanzielle Unterstützung durch Spenden und insgesamt neun hervorragend frequentierte Oktoberfeste in der Mühlenscheune. „Der zweimalige Ausfall durch Corona hat uns wehgetan“, sagt Haas und er hofft auf eine Renaissance 2022. Nicht außen vor lässt er, dass die katholische Kirchengemeinde Oberkochen insgesamt mit Hilfen für Kariobangi, den Kongo und für die Dahlit-Kinder in Indien vorbildhaft unterwegs sei. „Und wir tun uns gegenseitig nicht weh“, versichert Haas.

Info: Spendenkonto „Freundeskreis Kongo“, IBAN:  DE 97 6145 0050 1000 5685 65.